BGH, Urteil vom 2. Juni 2016 – VII ZR 348/13

 

Der u.a. für das Baurecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine auf dem Dach einer Tennishalle nachträglich errichtete Photovoltaikanlage, die mit der Halle fest verbunden ist, der Funktion der Halle dient und deshalb die für Arbeiten „bei Bauwerken“ geltende lange Verjährungsfrist für Nacherfüllungsansprüche von fünf Jahren, § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB, Anwendung findet.

 

Der Fall:

Die Klägerin betreibt auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück eine Tennishalle. Sie beauftragte 2004 die Beklagte mit der Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach der Tennishalle.

 

Die Photovoltaikanlage besteht unter anderem aus 335 gerahmten Modulen. Jedes Modul ist 1237 mm lang, 1082 mm breit, 38 mm hoch und hat ein Gewicht von 18 kg. Um die Module auf dem Dach anzubringen, errichtete die Beklagte eine Unterkonstruktion, die mit dem Dach fest verbunden wurde. Unterkonstruktion und Module waren so anzubringen, dass die Statik des Dachs durch das Eigengewicht der Anlage nicht beeinträchtigt wird und die Anlage sturmsicher ist. Zudem mussten die Montageelemente dauerhaft regendicht in die bestehende Dachdeckung eingefügt sein. Die Beklagte verkabelte die Module mit insgesamt ca. 500 m Kabeln, unter anderem um die Module mit im Innern der Halle angebrachten Wechselrichtern zu verbinden. Hierfür legte die Beklagte Kabelkanäle in das Innere der Halle. Die dafür notwendige Durchdringung des Dachs bzw. der Gebäudeaußenhaut musste dauerhaft witterungsbeständig und dicht sein. Von den Wechselrichtern legte die Beklagte Stromleitungen zu einem außerhalb der Halle befindlichen Zählerverteilungskasten. Hierfür waren Grabungsarbeiten in erheblichem Umfang notwendig. Ebenfalls im Innern der Halle errichtete die Beklagte eine Kontroll- und Steuerungsanlage, die sie mit den Wechselrichtern und den Modulen verkabelte und programmierte.

 

Die Klägerin rügt die zu geringe Leistung der Anlage und verlangt eine Minderung um 25 % der Nettovergütung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag insbesondere mit dem Einwand weiter, der Anspruch der Klägerin auf Nacherfüllung sei verjährt, da die für Arbeiten bei Bauwerken geltende lange Verjährungsfrist von fünf Jahren keine Anwendung finde.

 

Die Entscheidung:

Der BGH hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen, weil für den Nacherfüllungsanspruch der Klägerin die lange Verjährungsfrist von fünf Jahren Anwendung findet.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH gilt die lange Verjährungsfrist „bei Bauwerken“, wenn das Werk in der Errichtung oder grundlegenden Erneuerung eines Gebäudes besteht, das Werk in das Gebäude fest eingefügt wird und dem Zweck des Gebäudes dient. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Photovoltaikanlage wurde durch die Vielzahl der verbauten Komponenten so mit der Tennishalle verbunden, dass eine Trennung von dem Gebäude nur mit einem erheblichen Aufwand möglich ist. Darin liegt zugleich eine grundlegende Erneuerung der Tennishalle, die einer Neuerrichtung gleich zu achten ist. Schließlich dient die Photovoltaikanlage dem weiteren Zweck der Tennishalle, Trägerobjekt einer solchen Anlage zu sein.

 

Vorinstanzen: LG Passau – Urteil vom 3. Januar 2012 – 3 O 527/11

OLG München – Urteil vom 10. Dezember 2013 – 9 U 543/12

 

Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 095/2016 vom 02.06.2016

 

Anmerkung:

Anders hat der 8. Zivilsenat des BGH in seinem Urteil vom 09.10.2013 (VIII ZR 318/12) für einen Kaufvertrag geurteilt, der den Kauf von (mangelhaften) Solarmodulen für eine Photovoltaikanlage betraf, die auf dem vorhandenen Dach einer Scheune angebracht wurden. Dort wurde nicht eine 5-jährige Verjährungsfrist für die Gewährleistungsansprüche wegen der Verwendung „für ein Bauwerk“ nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB angenommen, sondern die allgemeine 2-jährige Verjährungsfrist gem. § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Die Solarmodule seien nicht „für die Scheune“ als Bauwerk verwendet worden und auch nicht für deren Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit von wesentlicher Bedeutung. Die Abgrenzung ist also nach wie vor durchaus schwierig, zumal in diesem Fall durchaus ebenso wie in dem aktuellen BGH-Fall die Argumentation möglich wäre, dass durch die PV-Anlage die Scheune einen weiteren Zweck als Bauwerk erhalten habe, Trägerobjekt für die Anlage zu sein.