BGH, Urteil vom 8. April 2015 – IV ZR 103/15:

 

Der klagende Versicherungsnehmer begehrt Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge aus einer Rentenversicherung nach einem Widerspruch gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.

 

Er beantragte bei der Beklagten den Abschluss eines Rentenversicherungsvertrages mit Vertragsbeginn zum 1. April 1998. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation erhielt er mit dem Versicherungsschein. Von April 1998 bis Mai 2008 zahlte er Versicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 9.356,18 €. Mit Schreiben vom 5. Juni 2008 erklärte er unter anderem den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. und hilfsweise die Kündigung gegenüber der Beklagten. Diese bestätigte die Kündigung und zahlte dem Kläger einen Rückkaufswert von 9.331,60 €. Mit der im April 2011 erhobenen Klage verlangt er Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts, insgesamt 4.580,82 €. Die Beklagte hat Verfristung des Widerspruchs eingewandt und die Einrede der Verjährung erhoben.

 

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen, weil der Widerspruch gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. verfristet gewesen sei. Mit der Revision hat der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiterverfolgt.

 

Der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Begründung:

 

Ein Anspruch auf Prämienrückzahlung aus ungerechtfertigter Bereicherung kann dem Kläger mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht versagt werden. Nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalt war davon auszugehen, dass der von dem Kläger erklärte Widerspruch – ungeachtet des Ablaufs der in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. normierten Jahresfrist – rechtzeitig war und infolgedessen der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen ist. Das folgt aus dem Urteil des IV. Zivilsenats vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 17-34, vgl. auch Pressemitteilung Nr. 78/2014), mit dem entschieden wurde, dass in Fällen der vorliegenden Art grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über dieses belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.

 

Der Rückgewähranspruch war bei Erhebung der Klage im April 2011 nicht verjährt. Zu diesem Zeitpunkt war die maßgebliche regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist nicht abgelaufen. Die Regelverjährung begann mit dem Schluss des Jahres 2008. Der Bereicherungsanspruch entstand im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB, als der Kläger mit Schreiben vom 5. Juni 2008 den Widerspruch erklärte und damit dem bis dahin schwebend unwirksamen Versicherungsvertrag endgültig die Wirksamkeit versagte. Erst durch den Widerspruch wurde der Schwebezustand beendet und Klarheit geschaffen, dass dem Versicherer die geleisteten Prämien nicht zustanden. Erst nach der Entscheidung des Versicherungsnehmers, den Widerspruch zu erklären, stand fest, dass der Vertrag, den die Parteien bis dahin wie einen wirksamen Vertrag durchgeführt hatten, endgültig unwirksam war.

 

Nach der Zurückverweisung wird das Berufungsgericht nun die Frage der Ordnungsgemäßheit der Widerspruchsbelehrung sowie ggfls. die Höhe des Rückgewähranspruchs klären müssen.

 

Vorinstanzen:

LG Stuttgart – Urteil vom 18. April 2012 – 5 S 173/11

AG Stuttgart – Urteil vom 1. Juli 2011 – 3 C 1079/11

 

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 057/2015 vom 15.04.2015